Liebe Leserinnen und Leser

 

Diese Homepage beinhaltet Zeitzeugenberichte und Lebenserinnerungen aus dem Leben meiner am 3. September 2015, im Alter von 86 Jahren verstorbenen Mutter Rosemarie Erdmann, geb. Heinze; mein Vater Hans Erdmann verstarb bereits am 29. März 2015 im Alter von 91 Jahren.

Als Kind und als Jugendlicher hatte ich zunächst wenig Interesse an geschichtlichen Ereignissen und am Zeitgeschehen. Ich interessierte mich mehr für Motorräder und Autos und hatte andere Flausen im Kopf.

Das änderte sich jedoch langsam, als meine Mutter anfing, Familientagebuch zu schreiben und die ersten Ideen für das Projekt „Kindheit und Politik“ entstanden. Durch die Recherchen meiner Mutter und durch das Aufkommen des Internets, wurde auch ich immer weiter eingebunden und von meiner Mutter gebeten, Fotos, Informationen und Dokumente zu suchen, um die Erzählungen zu beleben. Dadurch wurde nun auch mein Interesse an der eigenen Familiengeschichte und am Zeitgeschehen geweckt.

Im Jahre 2001 begann ich dann mit der Veröffentlichung des Projekts „Kindheit und Politik“ im Internet unter der Adresse www.kindheitundpolitik.de, um die Erzählungen meiner Mutter allen interessierten Menschen zur Verfügung zu stellen, denn sie stellen im Zusammenhang gesehen, auch ein Stück Zeitgeschichte dar und sollen nicht verloren gehen. Das Internet ist hierfür das perfekte Arbeitsmittel.

Die Arbeiten am Projekt sind jedoch nicht abgeschlossen und ich habe mit der Überarbeitung der Internetseite begonnen.

Folgende Erweiterungen und Änderungen habe ich eingeführt oder sind geplant:

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Das Design der Internetseite wurde überarbeitet.
 

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Für Erzählungen, die bisher keine Bilder oder Dokumente beinhalten, wurden diese nachgetragen.
 

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Neu hinzu kommt demnächst das Kriegstagebuch von „Onkel Walter“ aus dem Ersten Weltkrieg (siehe Emma).
 

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Sofern ich die Erlaubnis bekomme, möchte ich den Stammbaum der Heinzefamilie um den Orgelbauer Gustav Heinze mit einfügen.
 

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Hinzu gekommen ist die Erzählung „Hans und Inge Benda“, der ein Freund meiner Mutter war.

Aus 2 Erzählungen haben sich noch offene Fragen ergeben, die auch zu Lebzeiten meiner Eltern nicht beantwortet werden konnten:

  1. Zu der Erzählung „Das Traumauto“ interessiert mich sehr, was aus der jüdischen Familie geworden ist, von denen mein Großvater den Citroen gekauft hat und wo sie in Berlin wohnte.
     
  2. Das gleiche gilt für den kleinen Freund meiner Mutter, Hans Bender aus der Erzählung „Hans und Inge Benda“. Auch dazu möchte ich wissen, was aus dieser jüdischen Familie geworden ist. Angeblich soll ein Familienmitglied  überlebt haben.

Es gibt also noch einiges zu tun und immer wenn es die Zeit erlaubt, werde ich den Spuren nachgehen.

Abschließend möchte ich noch die Leiterin des Karlshorster Erzählkreises, Frau Eva Badel, zu Wort kommen lassen.

Sie hat einen Nachruf auf meine Mutter verfasst und ihr Text bringt wirklich sehr schön die Verbundenheit meiner Mutter mit Karlshorst und zum Karlshorster Erzählkreis zum Ausdruck und eine bessere Formulierung ist nicht denkbar. Dafür möchte ich mich bei Frau Badel nochmals ganz herzlich bedanken.

Nachruf - Rosemarie Erdmann:

Es folgt nun das Vorwort meiner Mutter, so wie es ursprünglich für das gedruckte Buch "Kindheit und Politik" geplant war.
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine interessante und aufschlußreiche Lektüre.

Mit freundlichen Grüßen,

Michael Erdmann

 

Liebe Freunde meiner Geschichten!

 

Dieses Buch ist anders als andere Bücher. Schon alleine deshalb, weil es nie einen Lektor gesehen hat. Das Buch ist auch anders, weil seine Seiten nicht durchgehend nummeriert sind, nur jede der 16 Geschichten für sich selbst.

Es ist eine Sammlung von Geschichten, die keine durchgehende Handlung bilden. Jede spricht für sich und man kann sie einzeln herauslösen. Leider kommt es dadurch zu kleinen Wiederholungen. So auch der Hinweis, dass die heutige Splanemannsiedlung in Berlin Lichtenberg, früher Kriegerheimsiedlung hieß und dass der frühere Triftweg heute den Namen Ontarioseestraße trägt - jedenfalls das kleine Stückchen, das von ihm noch übrig geblieben ist -.

Die ersten beiden Geschichten "Emma und Meta" und der "Ochsenjunge" erzählen vom Lebensweg meiner Eltern Meta und Paul und deren Familien.

In zwei Geschichten erzähle ich von unseren Motorradfahrten übers Land. Es kann also passieren, dass mancher Leser denkt: "Mein Gott - das hat sie doch schon mal geschrieben !" Ich bitte euch, nehmt es gelassen hin, denn es ging nicht anders.

In 14 Geschichten erzähle ich Erlebnisse aus meiner eigenen Kindheit. Es wurde oft schmerzhaft, so tief in alten Erinnerungen herumzuwühlen. Man kann das nicht so einfach mirnichts-dirnichts; man erlebt buchstäblich alles ein zweites Mal - und das kann wehtun. Besonders die Geschichte von der anderen Seite des Triftweges machte mich richtig krank. Sehr schlimm wurde es auch, über die Zigeuner und Günter zu schreiben.

Es kam vor, dass Menschen, die meine Geschichten gelesen haben, sagten: "Du musst ja eine schreckliche Kindheit gehabt haben !". Nein - so war es ganz und gar nicht ! Es ist eine Tatsache, dass beides nebeneinander herlief - der entsetzliche Krieg und das liebevolle Elternhaus. Die absolute Geborgenheit in meiner Familie erfüllt mich noch heute mit großer Dankbarkeit. Sie hat alles Furchtbare während des Krieges aufgefangen und entschärft, so dass es möglich war, trotz allem eine glückliche Kindheit zu erleben.

Solange, bis ich 15 Jahre alt war und meine Kindheit abrupt endete und sich alles veränderte. Vorher hatte ich in einer gewissen Ahnungslosigkeit geglaubt, alles Schlimme könne immer nur anderen passieren - denn ich hatte ja meinen Papa. Aber dann konnte mir auch mein Papa nicht mehr helfen. - Ich weiß, dass diese Geschichte fehlt. Vielleicht schreibe ich sie irgendwann* - vielleicht auch nicht.

* Siehe : Die Vertreibung aus der Kindheit (1945)

Ich fühle beim Schreiben manchmal Eiseskälte und dann wieder Herzenswärme. Mein Herz ging mir auf, wenn ich an meine Eltern dachte, an meine beiden Schwestern Evchen und Gisela, an meine vielen Freundinnen, an Wölfchen, Günter und andere Freunde und an die Nachbarn in der alten Kriegerheimsiedlung.

Diese Siedlung ist bis heute mein absolutes geliebtes Heimatdorf. Ein Schutzengel hatte die Arme über sie gebreitet und ließ sie überleben. Sie steht unter Denkmalschutz und man ist dabei, ihr das frühere Aussehen und die gemütliche und hohe Wohnqualität zurückzugeben. Die alte Fleischwarenfabrik ist abgerissen; hübsche Häuser stehen nun auf ihrem ehemaligen Platz.

Aber noch etwas ganz anderes will ich sagen:

Ich schreibe in meinen Geschichten von zwei verschiedenen Diktaturen, die ich kennenlernte. Seitdem bin ich eine energische Gegnerin jedweder Diktatur. Ich bin ein gebranntes Kind und misstrauisch gegenüber allen Versprechungen seitens diktatorischer Regierungen. Sie verführen und betrügen die Jugend und benutzen sie als williges Kanonenfutter. Ich weiß wovon ich schreibe.

Ich möchte unbedingt noch darauf hinweisen, dass meine Geschichten nie altmodisch werden, denn alle Kriege sind gleich und bringen das gleiche Elend über die Menschen. Höchstens die Waffen verändern sich - aber die unsagbar vielen Tränen schmecken weiterhin nach Salz. Man verliert sein Hab und Gut, Haus und Hof, seine liebsten Menschen, seine eigene Gesundheit und vielleicht das Leben. Die Frauen sind noch zusätzlich die geschätzte Beute des Siegers, denn keine Armee, die auf dem Kriegszug ist, kommt als Kavaliersverein.

Es grüßt Euch herzlich, Eure

Rosemarie Erdmann

 

Ein Dankeschön

Ohne die Hilfe meines Mannes, Hans, hätte ich es nie geschafft, den alten Spuren so gründlich nachzugehen. Unermüdlich begleitete er mich- und das auch noch mit Interesse und guter Laune. Er fuhr mich hin, wohin ich wollte - und wenn es noch so weit gewesen ist. Geduldig ertrug er alle Beschwerlichkeiten, die der Alltag mit sich bringt, wenn man mit einer Geschichtenschreiberin verheiratet ist. Ihm gilt an erster Stelle mein größter Dank.

Dann danke ich meinem Sohn Michael, meinem Internet-Betreuer, denn ich habe davon nicht die geringste Ahnung. Es hat mir so wohlgetan, dass er sich für meine Schreiberei interessiert und mich weiter trieb, wenn ich aufgeben wollte.

Ich danke meiner Schwiegertochter Anneliese, die mit Neugier wartete, wenn ich wieder mit einer neuen Geschichte schwanger war. War das Kind endlich geboren, was manchmal lange dauerte, stürzte sie sich darauf, um es nach Fehlern abzusuchen.

Vielen Dank meiner Nichte Gesine, die mit großem Engagement viele Geschichten von mir in den Computer eingab, denn ich bin leider eine altmodische "Mit der Hand Schreiberin".

Wie schön war es, mit meinem alten Buddelkastenfreund Wolfgang und seiner Frau Christel, endlose Stunden zu verquatschen und in Erinnerungen zu wühlen und zu schwelgen. Was mir Wölfchen (so nenne ich ihn seit Kindheitstagen) über sein eigenes Erleben während des Bombenangriffs erzählte, übernahm ich fast wörtlich und baute es in meine Geschichte ein.

Auf keinen Fall vergesse ich Lottchen F. (genannt Floh), der ich sehr viel verdanke und die mich unterstützte wie sie nur konnte. Danke, Lottchen.

 

Vielen Menschen habe ich zu danken.

So auch der Familie Jürgen Radelhof, Herrn Kurt Genseke und seiner netten Frau, Hans Joachim H. aus der Kriegerheimsiedlung so wie Herrn Manfred Heide, den Geschwistern Margot und Gerhard Sack, Herrn Professor M., Frau Marion Naujack, Frau Ursula Neuß, die auch eine eifrige Schreiberin ist und Herrn Dr. J. Hoffmann aus Lichtenberg.

Mein Dank gilt auch Frau Steer vom Heimatmuseum Lichtenberg, Herrn Sprink vom Heimatmuseum Köpenick, Frau Ploog, der Redakteurin vom Stacheldraht, Herrn Simanowitsch und Frau Mühisch vom Museum Karlshorst und den freundlichen Mitarbeitern des Landesarchivs, damals noch in der Breite Straße.

Die Sterbeurkunden der Häftlinge aus meiner Geschichte "Die andere Seite des Triftweges" bekam ich gleich von mehreren Freunden. Ich vermute, es sind Ablichtungen aus dem Sterberegister des Standesamtes Karlshorst. Auch diesem Amt möchte ich meinen Dank aussprechen, für die großzügige Überlassung der Fotokopien.

Ich bedanke mich bei Herrn Otto Rosenberg und allen anderen Sinti und Roma, deren Namen ich nie erfuhr.

Herzlichst

Rosemarie Erdmann

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Bildnachweis:

Landesarchiv Berlin
Museum Karlshorst
Heimatmuseum Köpenick
Heimatmuseum Lichtenberg
Privatbesitz J. Radelhoff
Privatbesitz Manfred Heide
Privatbesitz Wolfgang Bien

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